Das Substraktiv-Gussverfahren Benno Werth, Aachen

Die gegossene Metallplastik ist nach den beiden bekannten Verfahren des Sandformgusses und des Wachsausschmelzens streng genommen nicht nur eine Sache des gestalterischen Verstandes, sondern auch der technischen Durchführbarkeit. Metallgüsse waren bisher nur möglich, sofern ihnen ein Modell zugrundelag. Statik und Struktur des Modellmaterials (Gips, Wachs) sind eigener Art und beschränken die weitaus reichere natürliche Bildbarkeit des Metalls. Die Schwierigkeiten dieser technischen Begrenzung kennt jeder Metallplastiker.

Sie führten mich zu Versuchen, den Umweg über das Modell auszuschalten und direkt ein Formbett für den Guss zu arbeiten. So entwickelte ich das NEGATIVFORMVERFAHREN bzw. Substraktivformverfahren. Ein solcher Direktguss macht es nötig, eine Plastik ausschließlich im Negativ zu konzipieren und zu schneiden. Zudem ist eine gute Kenntnis des Gussprozesses gefordert. Besondere Bedingungen sind aber an das Material der negativen Gussform gestellt.

Materialien, die den Erfordernissen der beliebigen Bearbeitung und des Gusses genügen, sind Kieselgur und furanharzgebundener Quarzsand.
Sie lassen sich sägen, fräsen, bohren, raspeln. Ihre Hitzebeständigkeit um 1200 Grad Celsius ist erprobt.


Ohne Schwierigkeiten werden sie nach dem Guss von der Plastik abgelöst. Kieselgur ist in verschiedenen Größen (u. a. Ziegelsteinformat) im Handel.
Die negative Gussform wird man im allgemeinen aus mehreren Teilen zusammensetzen. Schon hier gibt es die Möglichkeit, die einzelnen Formteile nach einem kompositionellen Plan anzuordnen.

Stellt man die Einzelteile zum vollständigen Gussblock zusammen, muss sich eine Kontinuität der verzweigten Gusskanäle ergeben.

Der Gusskanal bildet mit den Luftkanälen eine kommunizierende Röhre. Die Luftkanäle sind dabei so anzulegen, dass das einströmende Metall alle Gase aus den Hohlräumen zu verdrängen vermag.

Beim Proportionieren der plastischen Massen wird man mit Schwundspannungen des Metalls beim Erkalten rechnen müssen. Vor dem Guss muss der Formblock absolut trocken und dicht sein. Das Negativformverfahren konkurriert nicht mit den bestehenden Techniken, sie haben ihre eigene Aufgabe. Aber es erweitert, indem es vom Modell befreit, den Formvorrat, der in der Natur des Metalls selbst liegt, und ermöglicht Formungen und Hinterschneidungen in beliebiger Komplexität, die mit anderen Gussverfahren nicht erreichbar sind.

Dass Zweitgüsse so geformter Skulpturen ausgeschlossen sind, versteht sich von selbst.

Erstmals veröffentlicht :
Benno Werth, "Ein neues Gussverfahren", das kunstwerk,
6 – XVIII, Dezember 1964, S.36.